Dan Berglund - Dan Berglund´s Tonbruket
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Als Mitglied von e. s.t. wurde der Bassist Dan Berglund weltbekannt. Das Trio mit Esbjörn Svensson am Klavier und Magnus Öström am Schlagzeug war, wie die London Times bescheinigte, die erfolgreichste und wahrscheinlich, einflussreichste Jazzband der vergangenen Dekade. Als künstlerische Einheit dreier ganz unterschiedlicher, aber gleichberechtigt beteiligter Musiker, prägte ihr einzigartiger Sound die aktuelle Auffassung von Jazz. Esbjörn Svensson stand dabei für die klassischen Einflüsse und Berglund wurde „der Rock’n’Roller des Trios“ genannt. Der tragische Unfalltod von Svensson im Juni 2008 zwang Berglund, sich neu zu orientieren. Er spielte viel mit alten Freunden aus der Zeit vor e. s.t. und langsam kristallisierte sich eine neue Band heraus: Tonbruket.
Tonbruket nennt man in Schweden große Workshops oder Studiobetriebe, die sozusagen Töne herstellen. „Uns gefiel der Klang dieses Ausdrucks – vor allem, weil unsere winzige Vier-Mann-Fabrik auch forscht und herstellt. Wir produzieren Töne, die, wenn sie zusammengekommen sind, hoffentlich zu guter Musik werden“, erzählt Berglund.
Natürlich kann und will Dan Berglund’s Tonbruket die Vergangenheit nicht verleugnen. „e. s.t. ist Teil meiner Geschichte, es beeinflusst mein Spiel und mein Komponieren noch heute. Ich war Teil von ihm, es war Teil von mir, und das wird immer so sein - genauso wie meine Hard-Rock-Vergangenheit immer ein Teil von mir gewesen ist“, sagt Berglund. So spürt man an vielen Stellen die DNA insbesondere von Leucocyte (ACT 9018-2), dem letzten e. s.t.-Album: Bei „Wolverine Hoods“ etwa die kraftvolle Entfaltung einfacher Melodien oder bei „Cold Blooded Music“ die sogartige Wirkung dynamischer Schleifen. Und in allen Stücken ist Berglunds unverwechselbares Bassspiel präsent, das den typisch vollen und warmen Ton mit dem ebenso signifikanten Einsatz vieler elektronischer Effekte verbindet.
Berglunds neues Projekt geht aber auch ganz andere und neue Wege. Was sich schon aus der Zusammensetzung der Band ergibt. Wie bei e. s.t. sind die Tonbruket-Musiker ganz unterschiedlicher Herkunft und formen sich zu einem gleichberechtigten Ganzen: Alle vier Musiker steuerten Kompositionen bei, alles wurde gemeinschaftlich arrangiert und produziert.
Mit dem Gitarristen Johan Lindström spielte Berglund bereits in den Neunzigern bei „Per Texas Johansson“. Auch als Mitglied von Kristofer Äströms „Runaways“ und als Begleiter von Sophie Zelmani stellte der Lap- und Pedalsteel-Spezialist seine Qualitäten unter Beweis. Pianist und Keyboarder Martin Hederos wiederum kommt als Mitglied der auch in den USA sehr erfolgreichen Band „The Soundtrack Of Our Life“ vom Alternative Rock. Und Schlagzeuger Andreas Werliin stellte im Duett „Wildbirds & Peacedrums“ mit seiner Frau seine vielseitigen, von Folk bis Freejazz reichenden Fähigkeiten unter Beweis.
Und so finden sich bei Tonbruket verblüffend vielfältige und schillernde Anklänge: an Ambient Music und Drum & Bass („Song For E“), oder gar an Artrock wie bei „Sister Sad“, das zwischendurch nach YES klingt, oder bei „Monstrous Colossus“, das an Emerson, Lake and Palmer erinnert. Bei „Gi Hop“ lässt sich Berglunds jugendliche Vorliebe für Hardrock-Bands wie Deep Purple oder Black Sabbath, mehr aber noch seine spätere Bewunderung von Pop-Revolutionären wie Radiohead oder Royksopp herauslesen. Meisterlich gelingt es dem Quartett, eine überzeugende Klammer für all diese Elemente zu finden: Vor allem in der Dominanz von Saitenklängen aller Art - klassisch akustisch bis elektronisch verfremdet - verleiht dieser Band einen bereits unverwechselbaren eigenen Ton.
Tonbruket ist mehr als nur ein Neubeginn für Dan Berglund, der hier erstmals direkt als Komponist bezwingender Songs und Melodien hervortritt. Das Album erweist sich als spannendes, womöglich bereits wieder wegweisendes Projekt, das die Flamme von e. s.t. weiterreicht. Quelle: jpc
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Schon im Trio Esbjörn Svenssons war Dan Berglund der Mann für Effekte und Experimente. Kaum ein Kontrabassist machte sich radikaler die Macht der Tretminen zunutze als der Schwede. Wo Eberhard Weber noch vergleichsweise brav mit Bandechos die lyrische Macht der tiefen Töne auszuloten versuchte, setzt Berglund brachial auf Fuzztone, Wah und Octaver. Dabei macht er sich auf "Tonbruket" durchaus nicht zum lautsprechenden Chef, sondern fügt sich in den Kollektivgedanken. Das hat dann ganz viel von Philip Glass, vom Penguin Café Orchestra, von scheinbar naiver Kompositorik, die allerdings so viele Raffinessen und Finten bereithält, das man sich kaum daran satthören kann. Wen die spröde Melodramatik des nordischen Klangverständnisses mittlerweile ein wenig zu langweilen begann, muss hier kein weiteres Ungemach befürchten. Allein die tonale Liebesheirat zwischen Berglunds knarzenden Basssaiten und der ätherischen Pedalsteel von Johan Lindströms ist atemberaubend. (ron) Quelle: amazon
Schon im Esbjörn Svensson Trio kam ihm die Rolle des Rockers zu: Wenn Dan Berglund solierte, dann jagte er seinen Kontrabass gerne mal durch den Verzerrer, auf dass sein Instrument klingen möge wie ein Höllenhund. Deswegen sollte man als e.s.t.-Kenner nicht über die Maßen erstaunt sein, dass Berglunds erste Soloplatte nach Svenssons Tod nicht unbedingt viel mit lupenreinem Jazz zu tun hat. Überrascht darf man aber schon sein, was der einschüchternd ausschauende Glatzkopf mit dem sanften Wesen da für ein eigentümliches Quartett zusammengestellt hat. Es wimmert Johan Lindströms Steel-Gitarre, es pocht Andreas Werliins Schlagzeug wie ein wütend aufstampfender Klumpfuß, es wimmert, faucht und klimpert Martin Hederos Tasteninstrumentarium nebst Geige und Akkordeon.
Eine eigentümliche Atmosphäre bestimmt dieses Album, das mal klingt wie ein Schwoof auf einer knarzenden Südstaaten-Veranda, mal wie ein Besuch in einer schummrigen Westernbar mit Discokugel und verstimmtem Piano, mal wie Bill Frisell mit Cowboyhut und defekter Festplatte. Und ja: Mit Nummern wie "Sister Sad" oder "Monstrous Colossus" gelingt es Berglund, ganz neue Genres, die man Country-Progrock oder Folk-Heavy-Metal nennen mag, aus der Taufe zu heben. Während eines Stücks hält man ergriffen inne – denn es ist nicht schwer zu erraten, wem der "Song for E", den sich ein bewusst unvirtuoses Klavier, ein still klagender Bass und ein vorsintflutlicher Drum-Computer teilen, gewidmet ist. e.s.t. ist weit weg. Und doch, auf eine völlig andere Art, ganz nah. Quelle: rondo-magazin
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