Schaumstoff als Dämmaterial - very typical 4 very british ?

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Malle
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Schaumstoff als Dämmaterial - very typical 4 very british ?

Beitrag von Malle »

Hallo zusammmen !

Nachdem ich in den letzten Monaten bei vielen britischen Lautsprechern der späten 70ziger und frühen 80ziger Jahre festgestellt hatte, daß u. a. die Hersteller von KEF, Celestion, Harbeth und Rogers bevorzugt diesen gelblich-weißen Schaumstoff in einer Dicke von ca. 20 bis 30mm zur Dämmung verwenden, würde ich gerne wissen, warum und wann gerade diese Art von Dämmung eingesetzt wird.

Bei den Typen, die ich in den Händen hatte, waren alle klassischen Gehäusekonstruktionen ( außer Horn bzw. TQWT ) in jeglicher Größe dabei.

Mir ist bekannt, daß der Schaumstoff selbstverständlich ein ganz anderes Dämmungsverhalten als z. B. Polyestervlies, Stein- oder Glaswolle hat. Die Baupläne einiger Lautsprecher aus Großserien ( hier: Intertechnik und Tympany ) zeigen in der Innenansicht , daß teilweise auch Materialmischungen verwendet wurden.

Gibt es zur Verwendung von Dämmaterialien eine verständliche, globale Richtlinie für Empfehlungen ?

Oder würde sowas in Detailverliebheit ausarten: " Wennde dat Modell " Röchel " vonna Firma " Trööt " in een 3-Liter-Gehäuse einbaust, wirste bei 555 Hz eine 0,2dB-Senke und eine leichte (?) Phasenverschiebung sehen können ! " .... Aber nicht hören, weil der umliegende Geräuschpegel das Elend immer überlagert.

Oder bekommen sich die Konstrukteure bzw. Verfechter einer besonderen Art von Dämmstoff gleich in die Haare und wollen ihre Meinung ums Verrecken durchziehen ?


Laienhaftes, aber m. E. passendes Beispiel:
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Die Gehäuse wurden leider fürchterlich ruiniert und sollen durch Neukonstruktionen ersetzt bzw. umlackiert werden. Der wissende Boxenmetzger entfernt präventiv alle Chassis und muß feststellen , daß die verwendete Glaswolle eine allergische Reaktion mit tagelangem Jucken erzeugen wird. Um nur einmal - also beim Entfernen - gestreßt zu werden, möchte der Allergiker nun wissen, welches Dämmaterial als probate und akustische befriedigende Alternative eingesetzt werden könnte.

Kann dem Menschen geholfen werden ?


Ich selber fand es in einem Fall sehr unangenehm, als ich aus einer größeren BR-Box zwar keine toten Nager oder Kinderspielzeug, dafür aber ziemlich verschmutzte, intensiv riechende Schaumstoffmatten herausholte, die ich glücklicherweise waschen konnte.

Sollte ich sowieso Vorräte von diesem Schaumstoffen anlegen, falls ich einmal klassische Tröten restaurieren will ?

Danke für Euer Interesse,
Erik
Valvox
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Re: Schaumstoff als Dämmaterial - very typical 4 very britis

Beitrag von Valvox »

Gibt es zur Verwendung von Dämmaterialien eine verständliche, globale Richtlinie für Empfehlungen ?



Hallo Erik!

Die ganzen englischen Lautsprecher der genannten Generation von Harwood, KEF, Rogers, Rola Celestion und Monitor Audio sollte man eigentlich als "Leisesprecher" bezeichnen.

Bei allen diese Konstruktionen sorgte der schwere Kunststoff Bextrene (oder verwandte Mixturen) schon mal für einen niedrigen QTS bei einem kleinen Wert für VAS und geringer Empfindlichkeit dafür, dass aus kleinen Gehäusen zwar ein recht tiefer Bass erzeugt wurde, das aber für den Preis einer fast schon anämischen Leblosigkeit und eines molochartigen Wattbedarfs.

Das nicht genug, meinten diese Bedämpfungsfetischisten unter den Herstellern, sie wollten noch jegliche Schwingfähigkeit ihrer Lautsprecher unter die Promille-Grenze drücken, übersahen aber, dass dadurch die Lebendigkeit noch mehr litt- brrrrr!

Eins hatten die Engländer aber verstanden- dass nämlich dicke Gehäusewände Energie speichern, diese zeitverzögert abgeben und dadurch einen "one note-bass" erzeugen, der nicht mehr schwingt, sondern nur noch unangenehm drückt.

Leider zogen sie aus dieser Erkenntnis die falschen Schlüsse und bauten die Gehäuse aus dünnem Pressspan- wieder eine Garantie für teigigen, leblosen Klang.

Also mussten diese Wände bedämpft werden, und dazu wurde dann das Dämpfungsmaterial in diese Aufgabe teilweise mit einbezogen, was aber nur eine Verschlimmbesserung darstellte. Da gab es verschiedene Ansätze: Einmal das teilweise oder völlige Verkleben der Innenwände mit Polyätherschäumen (bekannt aus der Autositzindustrie, nur hier eingesetzt als offenporige Schäume) bzw. das "Reinklemmen" eines solchen maassiven Schaumstoffstückes mit Wandkontakt, oder sogar das Einbringen eines massiven Schaumstoffblockes, der praktisch fast das gesamte Gehäusevolumen ausfüllte, wie bei den Celestions der "Ditton"-Serie.

Allen diesen Maßnahmen gemein ist aber eben ihre Überbedämpfung von Ein- und Ausschwingvorgängen, und das sowohl im Klein- als auch im Großsignalbereich.

Ich halte es deshalb seit Jahren mit der Paul Klipsch'schen Weisheit "Jede (Be)Dämpfung ist Verzerrung"!

Was man an einem Signal wegdämpft, sind eben nur
zum Teil unerwünschte Nebenprodukte, mit denen es sich sogar teilweise sehr gut leben lässt.

Schlimmer, nein: viel schlimmer ist es, der Musik den Atem zu nehmen, der sie ausmacht, die Schwingfähigkeit, diese Mikroinformationen, die das Prickeln erst auslösen!

Was aber tun, um das zu erhalten?

Jedenfalls nicht wegdämpfen!
Trotzdem muss eins erfolgen: Ein Schutz der Membranen vor an der Rückwand reflektierten
- und dann durch sie hindurchgeisternden höherfrequenten Signalanteilen
- die Membran zum Taumeln bringenden niederfrequenten Schallanteile!

Wegdämpfen ist hier nicht die Lösung, das einzige, was Bedämpfung im o.g. Sinne ersetzt, ohne den Klang zu kastrieren, sind geschickte Schallumlenkungen (Deflektoren) im Boxeninneren, die reflektierten Schall in unschädliche Bahnen lenken, ohne Schwingungsvorgänge zu beeinträchtigen!

Zum obigen Zitat:
Will man Dämpfungsmaterialien effizient einsetzen, muss man das in der Gehäusemitte tun, wo die Schallmoleküle eine Geschwindigkeit haben- in der Nähe der Wände verringert sich die Geschwindigkeit und wandelt sich mit größer werdender Wandnähe immer mehr in Druck um. Aber besser ist kein Dämfungskram, sondern konstruktive Maßnahmen, die sowas entbehrlich machen!

(Sollte jemand an speziellen Maßnahmen interessiert sein, sprecht mich an)

Grüße,
Jan
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