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E und P Röhren korrekt heizen

Verfasst: Mo 21. Feb 2011, 09:52
von flu
Moin Leute,
hier wieder einmal eine absolute Grundsatzfrage zum Grundlagenwissen.

E Röhren werden mit 6,3V Konstantspannung berieben, P Röhren werden
mit 0,3A Konstantstrom geheizt. Über das ohmsche Gesetzt sind ja beide
(also Strom und Spannung) direkt proportional zueinander.
Wo ist also das Problem, eine E oder P Röhre in einer Schaltung zu betrei-ben (solange ich Strom oder Spannung im entsprechenden Maß einstellen
kann)? Was ist denn das schlimmste, was passieren kann?
Morgan Jones schreibt in seinem Buch ja auch, dass er grundsätzlich eine
Stromregelung empfiehlt. Was passiert also, wenn ich zwei E Röhren
in Serie mit stromgeregelter Heizung betreibe oder eben alle anderen
Varianten?

Gruss Ulf

Verfasst: Mo 21. Feb 2011, 10:51
von audiosix
Passieren wird nichts.

Wenn du z.B. eine E-Röhre mit 6,3 Volt und 300 mA mit einem Stromregler betreibst und exakt 300 mA einstellt wirst du feststellen das sich irgendeine Spannung einstellt. Meist ist das dann nicht 6,3 Volt.

Reinhard

Verfasst: Mo 21. Feb 2011, 11:28
von flu
Hi Reinhard,
da hast du mich dann falsch verstanden...oder ich mich falsch ausgerückt.

Ich kann doch den Strom so einstellen, dass sich über der Heizung
eine Spannung von 6,3 Volt einstellt. Also, wo ist der Nachteil, ob
ich die Spannung per Stromregler einstellt oder per Spannungsreg-
ler?
In der mkIV sind ja auch Stromregler drin und e Röhren in Serie...
Also eigentlich dann doch nicht für E Röhren geeignet. Bei entsprech-
endem Strom dann aber doch...

Gruss Ulf

Verfasst: Mo 21. Feb 2011, 12:25
von fhs
Hi Ulf,

Dein Ansatz (Strom so einstellen, dass sich die nominelle Spannung ergibt) ist sicher i.O., erfordert aber eben für jede Röhre eine separate einstellbare Konstantstromquelle oder Serienschaltung der Heizfäden. Heizspannung/Heizstrom-Toleranzen von 5-10% werden in einer Publikation von 1944 genannt: http://www.clarisonus.com/Archives/Tube ... istics.pdf .
Da sich die Emission auch bei etwas verringerter Heizleistung nicht riesig ändert, kann man die Lebensdauer des Heizfadens durch Verringerung der Heizleistung verlängern. Persönlich halte ich mich an die Vorschläge der Röhrenhersteller: Röhren der E-Serie versorge ich mit einer konstanten Spannung (mit Soft-Start und/oder strombegrenzt -- in der Hoffnung auf eine verlängerte Lebensdauer) von etwa 5% unter der nominellen Heizspannung (also etwa 6V für die 6,3V-Typen). Im Datenblatt ist häufig angegeben, ob eine Serienschaltung der Heizfäden OK ist.

Gruß

Fred

Verfasst: Mo 21. Feb 2011, 13:56
von hbhifi
Prinzipiell halte ich die Idee, Röhren per Konstantstrom zu heizen für eine gute.
Ulf, deine Überlegung ist nur bedingt richtig, weil sich der Heizfaden einer Röhre eben nicht wie ein idealer ohmscher Widerstand verhält. Er zeigt auf alle Fälle PTC-Verhalten, will sagen: Er ist ein Kaltleiter. Deshalb neigen Röhren dazu, beim Einschalten der Heizspannung kurz hell aufzuleuchten - der im Einschaltmoment fließende Strom ist viel zu hoch. Erst dann, wenn der Draht heiß ist, stellt sich ein normaler Widerstandswert ein.
Jetzt kann man trefflich streiten, ob der Einschaltstromstoß der Röhre schadet oder nicht; Fakt ist jedenfalls, dass man das Problem mit einer Konstantstromquelle (LM317 + Widerstand) elegant in den Griff bekommt. Nachteil: Muss man für jede Röhre separat machen.

Verfasst: Mo 21. Feb 2011, 18:41
von fhs
fhs hat geschrieben:...mit Soft-Start ...
Entschuldigung: Gemeint was "Slow-Start"!

Verfasst: Mo 21. Feb 2011, 18:52
von Valvox
fhs hat geschrieben:
fhs hat geschrieben:...mit Soft-Start ...
Entschuldigung: Gemeint was "Slow-Start"!
Ist das nicht im Sprachgebrauch das Gleiche?

Jan

*Keep on glowing!*

Re: E und P Röhren korrekt heizen

Verfasst: Mo 21. Feb 2011, 19:46
von AndreasS
flu hat geschrieben: Wo ist also das Problem, eine E oder P Röhre in einer Schaltung zu betrei-ben (solange ich Strom oder Spannung im entsprechenden Maß einstellen
kann)? Was ist denn das schlimmste, was passieren kann?
Hallo Ulf,

die einfachste und sicherste Lösung für die E-Röhren ist der Betrieb an einer Spannung (parallel), nur passen dann die Röhren für Serienheizung (P-Reihe) leider selten dazu.

Entscheidet man sich für Serienheizung, lassen sich einige Röhren mit dem Heizstrom 300 mA (ECC81, ECC82, ECC83) in den Heizkreis einschalten.
Bedingung ist allerdings, daß die Anheizzeit in der gleichen Größenordnung wie bei den P-Röhren liegt - bei vorzeitiger Aufheizung der E-Röhre wird sonst diese überheizt, bei späterer die anderen Röhren.
Ähnlich wirken sich bei Serienheizung alterungsbedingte Änderungen des Heizstromes einer Röhre nachteilig auf die anderen Röhren aus - durch Matrixbildung sollte man hier diese Risiken senken.

Seriengeheizte Röhren verlangen eine bessere Isolation Heizer-Kathode mit daraus resultierendem höherem Heizleistungsbedarf, u.U. auch den Verzicht auf gewendelte Heizfäden (Heizungsbrumm?).

Ich sehe daher in einer Serienschaltung von Heizfäden kaum Vorteile - sie stammt aus der Zeit, wo man aus Kostengründen den Netztransformator einsparen mußte.

Gruß Andreas

Verfasst: Mo 21. Feb 2011, 20:23
von fhs
Hallo Jan,
Valvox hat geschrieben:
fhs hat geschrieben:
fhs hat geschrieben:...mit Soft-Start ...
Entschuldigung: Gemeint was "Slow-Start"!
...Ist das nicht im Sprachgebrauch das Gleiche?..
Ja, eine Unterscheidung wird nicht immer gemacht. Ich habe mich oben aber nicht an meinen Standard-Sprachgebrauch gehalten:
1. Einschalten mit einem seriellen NTC oder Widerstand zur Verringerung des "inrush current": "soft start"
2. langsames "Hochfahren" der Heizspannung: "slow start".

LG

Fred

Ich hänge noch ein Beispiel für "slow start" an (über 8 Jahre alte Handskizze von mir; inzwischen benutze ich einen Schaltplan-Editor...). Der Transistor ist falsch bezeichnet; es muss BC250C heißen.
[img:600:315]http://fhs-consulting.com/ind/soft_start_fil.jpg[/img]

Verfasst: Mo 21. Feb 2011, 22:05
von carawu
Moin,
hbhifi hat geschrieben:... Fakt ist jedenfalls, dass man das Problem mit einer Konstantstromquelle (LM317 + Widerstand) elegant in den Griff bekommt. Nachteil: Muss man für jede Röhre separat machen.
P-Röhren bedeutet Serienheizung. Die Konstantstromquelle versorgt alle Röhren einer P-Serienheizung.

Bei E-Röhren sind 6V optimal. Eine Serienheizung ist oft nicht erfolgreich durchzuführen. Schaltet einfach mal zwei 6C45 in Serie ....

LG Carsten

Verfasst: Di 22. Feb 2011, 00:40
von raudi
Bei E-Röhren sind 6V optimal.
Hallo Carsten, und warum steht dann in den entsprechenden Datenblättern immer 6,3V? Beste Grüße Ralf aka raudi

Verfasst: Di 22. Feb 2011, 07:03
von fhs
Hallo raudi,
raudi hat geschrieben:
Bei E-Röhren sind 6V optimal.
...warum steht dann in den entsprechenden Datenblättern immer 6,3V? ...
zwar bin ich nicht Carsten, aber auch ich habe mich in einem Posting oben für eine 5%ige "Unter-"Heizung ausgesprochen. Wie in der von mir genannten Arbeit von 1944 gezeigt, liegen die Toleranzen bei bis zu 10%. Also sollte eine 5%-"Unter"-Heizung
1. noch eine adäquate Emission garantieren und
2. die Lebensdauer verlängern helfen.

LG

Fred

Verfasst: Di 22. Feb 2011, 10:08
von raudi
Hallo Fred,

1. Danke für den Link zum Artikel. Sehr interessant, aber was sagt er über ein Unterheizung wirklich aus. Außerdem geht es da um andere Heizfäden, als z.B. in den moderneren E(P)-Typen verwendet werden.

2. Toleranzen ergeben sich von allein. Deshalb halte ich lieber die Spezifikationen ein. Und wenn eine Toleranz einkalkuliert werden soll, sagen mir fast alle alten Hasen eher in Richtung Überheizung.

3. Und letztendlich kann es jeder machen wie er will. Mit einer Heizung gemäß Datenblatt ist mir noch nie eine Röhre gestorben.

4. E-Röhren werden mit 6,3V Spannung geheizt und deshalb parallel geschaltet und P-Röhren mit 300 mA, die man in Reihe schaltet. Steht alles in Büchern und Datenblättern. Und ich bin mir sicher, die Ingenieure wussten damals schon, und das mitunter besser, was sie taten. Und was ist heutzutage einfacher als diese Spezifikation einzuhalten. Wären 6V Heizung für E-Röhren günstiger für den Betrieb der Röhre, stünde das im Datenblatt.

5. Aber wie bereits gesagt, jeder kann es machen wie er will. Es gibt Leute die E-Röhren mit 5V heizen und schwärmen dass das Teil gut klingt. Wiederum habe ich gesehen wie man einen Testsieger, 801A SE mit Wechselspannung geheizt, messtechnisch untersuchte. Weit mehr als 10% IM-Klirr. Ich hätte mir noch nicht einmal getraut, so ein Teil von der Werkbank zu lassen.

6. Will ich mich "outen" und verraten, dass ich einen Verstärker habe, der die direkt gekoppelte A2- Treiber-Endröhren Kombination mit spannungs-gesteuerten Stromquellen beheizt.

In diesem Sinne beste Grüße Ralf aka raudi

PS.: Eigentlich alle meine Mentoren greifen als erstes ins Regal zum Datenbuch, wenn ich mit Fragen zu irgend welchem Röhrenquatsch komme.

Verfasst: Di 22. Feb 2011, 14:03
von audiosix
Hallo,

einer der Großen der Röhrenszene, Tim de Paravicini (EAR - Yoshino)
verwendet in fast allen Röhrenvorstufen eine Sereinheizung.

Das auch ohne Konstantstromquelle sondern mit einem Vorwiderstand,
wie früher in jedem Röhrenfernseher.

Reinhard

Verfasst: Di 22. Feb 2011, 14:34
von raudi
Hallo Reinhard,

und was sagt uns das?
Ich habe ihn live erleben dürfen und mitbekommen, wie er auf gezielte klare technische Fragen (nicht von mir) reagierte. Das hat mir mehr gesagt.

Beste Grüße Ralf

PS.: Es gibt oft mehrere valide technische Wege um zum Ziel zu gelangen. Dessen bin ich mir bewusst.

Verfasst: Di 22. Feb 2011, 16:09
von audiosix
raudi hat geschrieben:Hallo Reinhard,

und was sagt uns das?
Das man es auch ganz einfach machen kann.

Ich weiss nicht wie Tim allgemein auf Fragen reagiert. Ich bekomme von ihm kurze aber durchaus aussagekräftige Antworten.

Er kommentierte zum Beispiel mal das Netzteil eines Phonoamps, Signalweg Original Paravicini, mit der knappen Bemerkung;

Way to much parts, not needed.

Reinhard

Verfasst: Di 22. Feb 2011, 20:26
von carawu
Die E-Serie war ursprünglich wohl (auch) zur Speisung aus den damals üblichen (Blei-)Autoakkus gedacht. Spannung 6V (leer) - 6,6V (geladen).

Wegen Unterheizung < 6V gibt es zur E-Serie Untersuchungen von Telefunken 1964, GE, US-Militär und Audio Glass, Heft 2/89, S. 16:

[img:2064:1732]http://www.schenk-audio.de/eBay-Bilder/ ... s_2_89.gif[/img]
Quelle: http://www.frihu.com/archiv/archiv03/be ... 21941.html

Es gibt einige Spezialkathodentypen, bei denen Unterheizung nicht ratsam ist.

LG Carsten

Verfasst: Di 22. Feb 2011, 21:33
von fhs
Hallo Carsten,

super -- danke fürs Einstellen dieser Literaturstelle!

LG

Fred

Verfasst: Mi 23. Feb 2011, 08:37
von audiosix
fhs hat geschrieben:Hallo Jan,
Valvox hat geschrieben:
fhs hat geschrieben: Entschuldigung: Gemeint was "Slow-Start"!
...Ist das nicht im Sprachgebrauch das Gleiche?..
Ja, eine Unterscheidung wird nicht immer gemacht. Ich habe mich oben aber nicht an meinen Standard-Sprachgebrauch gehalten:
1. Einschalten mit einem seriellen NTC oder Widerstand zur Verringerung des "inrush current": "soft start"
2. langsames "Hochfahren" der Heizspannung: "slow start".

LG

Fred

Ich hänge noch ein Beispiel für "slow start" an (über 8 Jahre alte Handskizze von mir; inzwischen benutze ich einen Schaltplan-Editor...). Der Transistor ist falsch bezeichnet; es muss BC250C heißen.
[img:600:315]http://fhs-consulting.com/ind/soft_start_fil.jpg[/img]
Im Voltage Regulator Handbook von NSC heißt die Schaltung:

"Slow turn On Regulator"

Reinhard