Durch Zufall wurde ich auf den Thread "Tester für Red Dragon ... gesucht" aufmerksam. Obwohl ich nicht in die Zielgruppe der Röhrenverstärkerbesitzer mit Vergleichsmöglichkeit falle, habe ich Rainer trotzdem eine Mail geschrieben und angefragt ob ich einen der Amps mal testen dürfte. Rainer hat mich freundlicherweise kurz darauf kontaktiert und mir Anfang voriger Woche das Modell 300B zugesandt.
Meine bisherigen Röhrenerfahrungen waren nicht besonders positiv. In meinem Besitz befanden sich bisher ein EAR 834 Phono-Pre, der auf Grund seiner "Bumsigkeit" in Verbindung mit einem Elac 796 H sofort wieder gehen musste. Das zweite Gerät war ein Cayin CDT-17A CD-Player, der mich defekt erreicht und unzählige Nerven gekostet hat. Auch der blieb nicht allzu lange.
Meine Verstärker, die als Vergleich herhalten müssen sind die Endstufe AW60FTT sowie die Vorstufe EC4R vom norwegischen Hersteller Electrocompaniet. Beide Geräte sind Transistor-Amps. Beide Amps sind seit ein paar Jahren in meinem Besitz und ich bin absolut zufrieden damit. Wünsche nach anderen Komponenten sind nicht vorhanden weil ich nicht wüsste was es besser zu machen gäbe. Das ist eine Liebe auf Dauer, sozusagen bis der Kurzschluss uns scheidet.
Ein direkter Vergleich Transistor - Röhre durch Umschaltung war mir leider nicht möglich. Ich musste mich also auf mein schlechtes akustisches Gedächtnis verlassen.
Vorige Woche also erreichte mich ein riesiger Karton mit über 30 Kilogramm Gewicht. Das Gerät und die dazugehörigen Teile waren ordentlich und ausreichend verpackt. Bedienungsanleitung und Fernbedienung lagen bei. Selbst ein Paketaufkleber für die kostenlose Rücksendung war vorhanden.
Der Zusammenbau gestaltete sich sogar für mich als technischen Laien sehr einfach. Alle Röhren waren beschriftet und können "verdrehsicher" eingesetzt werden. Als Standort konnte ich dem roten Drachen leider nur einen Stuhl neben dem HIFI-Rack anbieten. Überrascht war ich von der Größe und dem Gewicht des Verstärkers. Die Verarbeitung fand und finde ich sehr gut.
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Zum Anschluss kamen CD-Player (TEAC VRDS-10 zusammen mit Electrocompaniet ECD1 D/A-Wandler), Tuner (Yamaha RX V1400
über Pre-Out) und mein Selbstbauplattenspieler (über EC ECP1 Phono-Pre). Die drei vorhandene Eingänge sind für mich
ausreichend, wer noch ein Tape oder einen MD-Player hat guckt in die Röhre.
Meine Lautsprecher KEF XQ Five mit einem Wirkungsgrad von 90dB wurden über eine normale Kupferlitze mit afaik 4 qmm angeschlossen. Hier tauchte auch bereits das erste Problem auf. Da ich keine Bananas zur Hand hatte und die Öffnungen in den Schraubklemmen zu klein sind, musste ich das Kabel erst etwas "verdünnen". Hier würde ich mir
LS-Anschlussklemmen wünschen, die auch dickere Kabel als Klingeldrähte" aufnehmen können.
Vor dem ersten Anschalten fragte ich mich ob ich überhaupt einen Ton aus den Lautsprechern hören würde. 2 x 11 Watt erschienen mir etwas wenig. Nach dem Einschalten waren aber alle Zweifel diesbezüglich beseitigt. Da ich maximal in gehobenener Zimmerlautstärke höre reichen offensichtlich auch ein paar wenige Watt aus. Der Lautstärkeknopf steht bei "Neun Uhr". Aus dem rechten Lautsprecher ist ein auch noch am Hörplatz hörbares Geräusch (surren) zu vernehmen - selbst bei völlig heruntergeregelter Lautstärke. Ursache ?
Hier gleich noch eine Anregung. Den mickrigen Ein-/Ausschalter würde ich durch einen Drehknopf wie den Quellenwahlschalter ersetzen. Damit würde die eh schon wunderschön gestaltete Front des Drachen noch besser aussehen.
Der Drache durfte sich erstmal mit Radiomusik etwas warmdudeln.
Als erste CD kam die neu gekaufte "New Maps of Hell" von Bad Religion zum Einsatz. Spontan erschien ein Lächeln auf meinem Gesicht, das ganze klang recht ansprechend.
Als nächste CD wanderte "Blood Ritual" von der Schweizer Metalcombo Samael in den CD-Schacht. Die CD ist außerordentlich gut, weil passend zur Musik klinisch steril und äußerst druckvoll produziert. Höhen und Mitten kamen glasklar, den Bässen fehlten jedoch der gewohnte Druck sowie die messerscharfe Kontur.
Karim Bremnes mit "Svarta Bjorn" war die nächste Kandidatin. Ich sage nur Gänsehaut pur. Bühnebreite und - tiefe vom Feinsten, Details ohne Ende aber auch hier etwas zu wenig Punch im Bass. An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass meine KEF´s eh nicht besonders bassstark sind, die Electros bringen da aber offenbar etwas mehr Schmackes.
Als nächstes "Keeper of the seven Keys" von Helloween, eine 80er-Jahre Metal-Scheibe, typische Produktion für die damalige Zeit und ein in hoher Stimmlage singender Frontmann. Hier hat mich bereits nach einigen Minuten der grelle Hochton genervt, auch hier wie oben erwähnt untenrum zu wenig. Schnell raus damit ...
Als nächstes Madonna mit dem Titel "The Power of Goodbye". Wie bei der Norwegerin Kari Bremnes stellte sich sofort Gänsehaut ein, atemberaubende Bühne und feinste Klangdetails perlten aus den Boxen. Den auf der CD vorhandenen Tiefbass konnte ich jedoch nur erahnen.
Ich bin keineswegs ein Bassfetischist. Ganz im Gegenteil, ich mag schlanke Bässe. Der 300B hatte aber selbst für mich zu wenig.
"Ungarische Tänze" von Brahms als nächstes. Die Violinen nervten bereits nach kurzer Zeit, Bass wie gehabt.
"Symphonie Nr. 9 "aus der neuen Welt" von Dvorak, die Berliner Philharmoniker unter Karajan. Bläser und Violinen erscheinen mir zu dominant. Auflösung und Bühnenabbildung sind phänomenal.
"Die Moldau" von Bedrich Smetana befindet sich auf der gleichen CD. Das Stück kommt atemberaubend gut rüber. Bläser und Streicher spielen bei diesem Stück nicht mit so viel Attacke wie bei Dvorak.
Als letztes noch ein paar Stücke von Vinyl:
Zuerst mit dem Denon DL103R am RegaR200
"Dynasty" von KISS, wieder eine typische 80er-Produktion. Auch hier eine Spur zuviel Hochtonenergie
"Best of" von ZZ Top, hier gibts bis auf zu etwas zu wenig Punch im Bass nicht auszusetzen. Die Platte ist eher dumpf produziert
"From over yonder" von Zed Yago lässt wieder etwas Schmackes im Bass vermissen, Hochton ok.
Ortofon MC25FL am SME 3009
Tschaikowski´s "1812" zum Abschluss des Verstärkertests. Perfekte Bühne, Bläser und Streicher die nicht nerven, die Kanonenschüsse am Schluss könnten mehr Power vertragen
Resümee:
In meinen Augen/Ohren handelt es sich beim "Red Dragon 300B" um einen wunderschönen und gut verarbeiteten Verstärker, der mit den richtigen Boxen bestimmt traumhaft gut spielt. Die Kombination mit meinen KEF´s war vielleicht nicht ganz optimal, trotzdem hat mir das Hören viel Freude bereitet - ich habe in den letzten Tagen soviel Musik wie nie zuvor gehört :-) Bei dem was ich auszusetzen habe handelt es sich um Nuancen. Etwas mehr Bass und eine Spur weniger Hochton und der Amp wäre meiner (natürlich nur nach dem Ableben der Norwegerinnen).
Der Drache wandert jetzt wieder in seine Verpackung und geht auf die Rückreise.
Mein großer Dank geht an Rainer für den tollen Service und die völlig unkompliziert Abwicklung - ganz große Klasse.